Irgendwann im Leben stellt sich vielen von uns die Frage: Sollte ich mit Yoga anfangen?
Manchmal geschieht es ganz spontan – plötzlich sitzt man auf der Yogamatte und macht die ersten Atemübungen. Ein anderes Mal geht eine längere Phase des Zweifelns und Überlegens voraus:
Ist Yoga überhaupt etwas für mich?
Bin ich beweglich genug dafür?
Welcher Yogastil passt zu mir als Anfänger?
Wenn du dir ähnliche Fragen stellst, bist du nicht allein. Yoga ist weit mehr als nur Dehnen und Posen – es ist eine Reise zu mehr Achtsamkeit, innerer Ruhe und körperlichem Wohlbefinden.
Die erste Begegnung mit Yoga ist immer ein prägendes, oft entscheidendes Erlebnis.
Ich erinnere mich noch gut an meine erste Yogastunde.
Während meiner Studienzeit landete ich – eher zufällig – in einer Bikram-Yogastunde, mit dem nicht ganz uneigennützigen Wunsch, besser mit dem Stress der vielen Prüfungen und dem vielen Lernen umgehen zu können.
Nun ja… statt Entspannung kam ich am Ende der Stunde noch gestresster heraus, als ich hineingegangen war.
Die vielen neuen Eindrücke und Informationen hatten mich komplett überfordert.
Ich hatte zu viel vom Yoga erwartet, ohne eigentlich zu wissen, was es wirklich ist.
Und ich hatte zu viel von mir selbst erwartet, obwohl ich überhaupt nicht bereit für diesen Weg war.
Ich war voller Erwartungen – und wie das oft so ist: Erwartungen bringen meist auch Enttäuschungen mit sich.
In der Stunde waren nur erfahrene Yogis, die schon lange gemeinsam praktizierten.
Für sie war der fließende, bewusste Atem selbstverständlich –
ich dagegen atmete einfach dort, wo es gerade ging: durch die Nase, durch den Mund, wie auch immer.
Die schnellen Abfolgen der Positionen, die Sanskrit-Bezeichnungen, die langen Balancehaltungen –
das alles hat mein Nervensystem völlig überlastet.
Ich verließ die Stunde mit dem festen Entschluss:
„Ich werde nie wieder Yoga machen – das ist nichts für mich.“
Ich fühlte mich, als hätte ich versucht, in einem Kammerorchester Zymbal zu spielen, völlig fehl am Platz und außen vor.
Ich hatte Yoga innerlich schon abgehakt.
Ich dachte: „Das war eben nichts für mich – schön und gut, aber offensichtlich nicht mein Weg.“
Doch dann, fast ein Jahr nach dieser ersten, frustrierenden Erfahrung,
bin ich wieder eher zufällig in einen kleinen Yogakurs geraten – diesmal ganz anders.
Keine überfüllter Raum, keine 40 Grad Hitze, keine durchgetaktete Abfolge.
Eine ruhige Atmosphäre, eine warmherzige Lehrerin, langsame Bewegungen, Raum zum Atmen.
Wir haben die Grundlagen gelernt, Schritt für Schritt, achtsam, mit viel Erklärung.
Plötzlich habe ich verstanden, worum es wirklich geht:
Nicht darum, perfekt in einer Haltung zu stehen oder alles zu können,
sondern darum, mit sich selbst in Kontakt zu kommen.
Ich habe begonnen, meinem Körper zuzuhören, meinem Atem zu folgen,
mich selbst nicht zu überfordern, sondern zu begleiten – sanft, freundlich, mit Geduld.
Die erste Begegnung mit Yoga
Fast zehn Jahre Unterrichtserfahrung lassen mich sagen: Yoga ist entweder Liebe auf den ersten Blick – oder die klare Erkenntnis: Das ist nichts für mich.
Entweder findet Yoga dich – oder eben nicht. Und ja, meistens entscheidet sich das schon nach der ersten Yogastunde.
Es gibt nur sehr wenige Menschen, die eine Stunde lang Yoga machen, dabei nichts spüren, nichts verstehen, sich nicht angesprochen fühlen – und trotzdem weitermachen.
Deshalb ist es umso wichtiger, wo und wie du deine ersten Schritte in der Welt des Yoga machst.
Der erste Eindruck zählt – auch hier.
Da einer der wichtigsten Grundsätze im Yoga lautet, dich niemals mit anderen zu vergleichen, sondern immer die beste Version deiner selbst zu leben und den Fokus auf deine eigene Entwicklung zu legen,
kann es für Anfänger abschreckend sein, wenn sie ihre erste Stunde direkt in einem Ashtanga-, Vinyasa- oder fortgeschrittenen Kurs verbringen.
Gerade am Anfang steht das Ego oft noch stark im Vordergrund – und es ist ein Lernprozess, dieses Ego langsam loszulassen und eine tiefere, bewusstere Ebene zu erreichen.
Unvermeidlich kommen dann die Vergleiche: „Die anderen berühren mühelos den Boden in der Vorbeuge – und ich komme kaum bis zu meinen Schienbeinen…“
Viele Anfänger verlassen nach so einer ersten Erfahrung den Kurs mit gesenktem Kopf und dem Gedanken:
„Ich bin nicht gut genug dafür. Ich bin nicht beweglich oder stark genug. Ich verstehe die Namen der Asanas nicht. Ich kann dem Atemrhythmus nicht folgen…“
All das ist völlig normal – aber für viele ist die Überforderung mit so vielen neuen Eindrücken der Grund, warum sie nicht weitermachen.
Deshalb ist es so wichtig, dass du – wenn du dich entscheidest, mit Yoga zu beginnen – Schritt für Schritt vorgehst und dir Zeit nimmst, alle Ebenen des Yoga ein wenig kennenzulernen.
Warum es so wichtig ist, Yoga als Anfänger bewusst zu beginnen
Neben den Yogapositionen (Asanas) spielen verschiedene Atemtechniken eine zentrale Rolle.
Denn im Yoga ist der Atem einer der wichtigsten Bestandteile:
Er ist immer bewusst, immer präsent, begleitet dich durch die gesamte Praxis, erleichtert die Ausführung der Asanas – und kann ihre Wirkung sogar verstärken.
Ein ruhiger, gleichmäßiger Atem vertieft deine Praxis.
Ein flacher, unruhiger, angehaltener oder erzwungener Atem hingegen kann die Ausführung der Positionen erschweren – oder sogar unmöglich machen – und ihre körperliche und psychische Wirkung deutlich mindern.
Ebenso wichtig wie die körperliche Praxis ist für Anfänger auch das Kennenlernen der Meditation und der bewussten, nach innen gerichteten Achtsamkeit.
Körperbewusstsein ist ein zentrales Element im Yoga – und genau dabei kann dir Meditation sehr helfen.
Keine Sorge: Du musst nicht gleich im Lotussitz eine halbe Stunde meditieren.
Schon ein paar Minuten bewusste Atembeobachtung oder einfache Visualisierungsübungen können dir helfen, den Weg des Yoga zu verstehen und zu spüren.
Deshalb empfehle ich jedem, der mit dem Gedanken spielt, Yoga zu beginnen – oder vielleicht schon begonnen hat, aber sich überfordert fühlte und wieder aufgehört hat – unbedingt einen Anfängerkurs,
in dem die Stunden sinnvoll aufeinander aufbauen und der Einstieg in die Welt des Yoga behutsam und schrittweise erfolgt.
So kann der weitere Weg auf einer soliden Basis, mit echtem Verständnis und innerer Sicherheit beschritten werden.
Denn Yoga ist – wie so vieles im Leben – nicht das Ziel, sondern der Weg selbst:
eine Reise zu einem immer tieferen Verständnis unserer selbst.
Und dieser Weg endet nie.
Immer neue Erkenntnisse, neue Einsichten und kleine „Erleuchtungen“ warten auf uns.
Das ist bewusstes Leben.
Das ist Yoga.