Quelle: Huberman Lab Podcast, Episode „How to Breathe Correctly for Optimal Health, Mood, Learning & Performance“ – daraus habe ich für euch eine Zusammenfassung auf Deutsch erstellt.
Unsere Atmung ist ein Prozess, der teilweise automatisch, teilweise jedoch bewusst kontrollierbar ist. Ohne die automatische Steuerung würden wir im Schlaf ersticken, während die bewusste Kontrolle vom Nervensystem genutzt werden kann, um sich selbst zu regulieren.
Das Gehirn ist zum Beispiel in der Lage, über die bewusste Kontrolle der Atmung seine eigene „Erregbarkeit“ zu verändern – also wie stark es Informationen aus der Umgebung aufnehmen kann, wie gut es sich selbst beruhigen und entspannen kann, den Einschlafprozess unterstützt oder wie stark es sich fokussieren kann.
Die Bedeutung dessen ist so groß, dass sogar die Veränderung des Atemmusters in der Lage sein kann, die Persönlichkeit zu beeinflussen.
Wie viele andere physiologische Prozesse verfügt auch die Atmung in unserem Körper über eine mechanische und eine chemische Regulation.
Der mechanischen Regulation:
Der wichtigste Akteur der mechanischen Regulation ist der Zwerchfellnerv (Nervus phrenicus). Er aktiviert einerseits mithilfe motorischer Neuronen den wichtigsten Atemmuskel, das Zwerchfell (dessen Kuppel sich bei der Kontraktion absenkt und so die Lunge erweitert, während es sich beim Entspannen wieder hebt), und andererseits liefern seine sensorischen Neuronen dem Gehirn Informationen über die Position und Funktion des Zwerchfells.
An dem Atemvorgang sind noch mehrere weitere Muskeln beteiligt, von denen die Zwischenrippenmuskeln die wichtigsten sind. Diese heben bei ihrer Kontraktion den Brustkorb an und erweitern ihn zugleich.
Der Ausdruck „Bauchatmung“ stammt daher, dass sich beim Zusammenziehen des Zwerchfells dessen Kuppel nach unten senkt und dadurch der Bauch nach außen gedrückt wird. Häufig wird fälschlicherweise behauptet, man „müsse“ in den Bauch atmen und der Brustkorb solle sich möglichst nicht bewegen. In der Realität finden beide Bewegungen grundsätzlich gemeinsam statt (je nach Alter, Anatomie des Brustkorbs, aktueller körperlicher Aktivität oder körperlichem Zustand – z. B. Schwangerschaft – in unterschiedlichem Ausmaß und mit verschiedener Aktivität), und es gibt keinerlei wissenschaftlichen Nachweis dafür, dass die „Bauchatmung“ gesünder wäre oder dass man sie erzwingen sollte.
Vielmehr ist das Ziel, dass sowohl das Zwerchfell als auch die übrigen Atem- und atemunterstützenden Muskeln ausreichend und bei Bedarf auch bewusst gesteuert aktiviert werden können – für eine angemessene Lungenkapazität, eine gute Sauerstoffversorgung und eine gesunde Funktion des Nervensystems.
Ein wesentlicher Faktor im Atmungsprozess ist, dass sich die Atemmuskulatur umso stärker aktiviert und die Lunge sich umso besser ausdehnen kann, je größer der Widerstand in den Querschnitten der Luftwege ist. Deshalb ist es (unter anderem) wichtig, dass unsere Grundatmung durch die Nase erfolgt. Aufgrund des engeren Querschnitts der Nasengänge erreichen wir – trotz subjektiv gegenteiliger Empfindung – eine bessere Lungenkapazität und eine bessere Sauerstoffversorgung. Auch wenn dies anfangs schwieriger fällt, lohnt es sich, das Nasenatmen trotzdem zu üben und zu fördern.
Die chemische Regulation der Atmung, Hyperventilation
Die chemische Regulation der Atmung erfolgt über Chemorezeptoren, die den Kohlendioxidgehalt (CO₂) im Blut und im Gehirn wahrnehmen. Ein Anstieg des CO₂-Spiegels löst das Gefühl von Atemnot aus. Der CO₂-Gehalt bestimmt außerdem den pH-Wert des Körpers, der unter normalen Umständen bei etwa 7,4 liegt (im Darm ist er aufgrund des Mikrobioms saurer). Steigt die CO₂-Menge, verschiebt sich der pH-Wert in den sauren Bereich, sinkt sie, wird er alkalischer.
Kohlendioxid wird unbedingt benötigt, damit der eingeatmete Sauerstoff bis in die Zellen gelangen kann. Der eingeatmete Sauerstoff „reist“ im Blut an Hämoglobin gebunden, und um in die Zelle zu gelangen, muss er sich zunächst davon lösen. Dies geschieht in Anwesenheit von CO₂, das die Bindung zwischen Hämoglobin und Sauerstoff auflöst.
Ein hoher CO₂-Spiegel kann jedoch eine Panikattacke auslösen – sogar bei Menschen, bei denen die Amygdala (das unter anderem für das Angstempfinden verantwortliche Zentrum) entfernt wurde.
Hyperventilation, also Überatmung, kann ebenfalls eine Panikattacke auslösen. Obwohl man annehmen könnte, dass der Körper dabei besonders viel Sauerstoff erhält, geschieht in Wirklichkeit das Gegenteil. Durch die schnelle Atmung wird zu viel CO₂ abgeatmet, sodass nicht mehr genügend davon vorhanden ist, um den Sauerstoff vom Hämoglobin zu lösen. Es entsteht Sauerstoffmangel, also Hypoxie. Der Prozess funktioniert auch umgekehrt: Panik und Anspannung führen zu Hyperventilation.
Der durch die Überatmung verursachte Abfall des CO₂-Spiegels (Hypokapnie) führt außerdem zu einer Verengung der Blutgefäße im Gehirn, da Kohlendioxid auch für deren Weitung verantwortlich ist (um eine bessere Durchblutung zu gewährleisten). Dies verschlechtert die Sauerstoffversorgung zusätzlich.
Schlafapnoe (Atemaussetzer), Nasenatmung
Untersuchungen zeigen, dass der Großteil der Bevölkerung tagsüber überatmet und nachts unzureichend atmet. Die Schlafapnoe, also Atemaussetzer während des Schlafs, kann verschiedene Ursachen haben, zum Beispiel Übergewicht – unabhängig davon, ob es durch Körperfett oder Muskelmasse entsteht – oder chronischer Stress. Woran kannst du erkennen, dass du betroffen bist? Mögliche Symptome sind Tagesmüdigkeit, Nervosität, Schnarchen, nachlassende kognitive Fähigkeiten, verringerte Libido oder morgendliche Mundtrockenheit.
Dies ist ein gefährlicher Zustand, da er das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse (z. B. Schlaganfall, Herzinfarkt), kognitive Verschlechterung, frühe Demenz sowie sexuelle Dysfunktionen erhöht.
Möglichkeiten zur Vorbeugung:
- CPAP-Gerät (Atemmaske) in schwereren Fällen
- Den Körper auf nächtliche Nasenatmung umstellen – gegebenenfalls durch zeitweises nächtliches Abkleben des Mundes (aufgrund der bereits erwähnten aktivierenden Wirkung auf die Atemmuskulatur und zur Verringerung des Schnarchens)
- Den Körper auch tagsüber auf Nasenatmung umstellen und ihn daran gewöhnen, auch während körperlicher Aktivität durch die Nase zu atmen – mit einer schrittweisen Anpassung an intensivere Bewegung
Wie sieht eine gesunde Atmung aus?
Normale Atmung bedeutet ungefähr 6 Liter eingeatmete Luft pro Minute. Das entspricht etwa 12 flachen Atemzügen pro Minute, idealer wäre jedoch, diese Luftmenge mit 4–6 mitteltiefen Atemzügen durch die Nase auszutauschen – mit minimalen Atempausen dazwischen. Kleine Atempausen sind normal und sogar vorteilhaft. Pathologisches, haktiges Atemanhalten hingegen ist ungesund (man hat beobachtet, dass Menschen z. B. beim Chatten häufig unbewusst den Atem anhalten).
Studien zeigen, dass die Durchschnittsbevölkerung 15–30 Mal pro Minute atmet, was trotz der nicht allzu tiefen Atemzüge eine deutliche Überatmung darstellt; dadurch treten die gleichen negativen Folgen auf, wie bei Hyperventilation. Parallel dazu atmen die meisten Menschen nachts hingegen unzureichend.
Die Nasenatmung ist einerseits wichtig wegen der bereits erwähnten besseren Aktivierung der Atemmuskulatur (dadurch kann sich die Lunge besser füllen), andererseits, weil die Nasengänge die Aufgabe haben, die Luft zu filtern, zu erwärmen und zu befeuchten. Bei der Nasenatmung entsteht in den Nasengängen Stickstoffmonoxid, das eine gefäßerweiternde Wirkung hat. Dies sorgt für eine bessere Durchblutung und damit für eine bessere Versorgung des Gewebes mit Nährstoffen.
Bei der Mundatmung wird kein Stickstoffmonoxid gebildet. Das erklärt auch, warum der Übergang zur Nasenatmung – selbst wenn er anfangs erschwert erscheint – allein durch das Üben schon die Durchgängigkeit der Nasengänge verbessert und die Atmung über die Nase mit der Zeit immer leichter wird.

Ein weiterer interessanter Befund: Bei Nasenatmung lassen sich in der Einatemphase bessere Lernfähigkeit, Reaktionszeit, Umweltwahrnehmung und Gedächtnis messen als in der Ausatemphase. Diese kognitiven Verbesserungen treten bei Mundatmung nicht auf. Man vermutet, dass dies daran liegt, dass unser Geruchssinn eines der ältesten überlebenssichernden Systeme unseres Körpers ist. Die Verarbeitung der beim Einatmen durch die Nase gesammelten Umweltinformationen war für unser Überleben einst entscheidend.
Die beschriebenen zyklischen Veränderungen der kognitiven Funktionen lassen sich als „Überrest“ dieses Mechanismus verstehen – und möglicherweise erklärt dies auch, warum langfristige Mundatmung nachweislich die kognitive Leistungsfähigkeit verringert.
Ebenfalls nachgewiesen wurde, dass sich die Gesichtsstruktur und das Aussehen positiv verändern, wenn man von der Mund- auf die Nasenatmung umstellt. Das liegt daran, dass bei der Mundatmung der Unterkiefer ständig in einer abgesenkten Position ist, was sich auf die Gesichtsmuskulatur und die Haut auswirkt. Studien zeigten, dass nach der Umstellung auf Nasenatmung die Gesichtstonus verbessert war und sich mit der Zeit auch die Position und Form der Augen und der Augenbrauen positiv veränderte.
Wie übt man korrektes Atmen, CO₂-Toleranztest, Box-Breathing
Es gibt den sogenannten CO₂-Toleranztest, mit dem du feststellen kannst, wie effizient dein Körper den Sauerstoff- und Kohlendioxidausgleich kontrolliert:
- Nach einer vollständigen, tiefen Einatmung beginne sehr langsam auszuatmen, bis du das Gefühl hast, die Lunge sei komplett leer, und messe dabei die Zeit.
- Wenn dein Ausatmen weniger als 20 Sekunden dauert, ist deine CO₂-Toleranz niedrig.
- Zwischen 20–45 Sekunden gilt sie als mittel.
- Über 45 Sekunden ist sie hoch.
Ein höherer Wert ist physiologisch günstiger, hat jedoch nichts mit allgemeiner körperlicher Fitness zu tun.
Eine ausgezeichnete Methode, dies zu trainieren, ist das Box-Breathing, das aus vier Phasen besteht: Einatmen, Luft anhalten, Ausatmen, Luft anhalten. Jede Phase dauert gleich lang.
- Wenn du den CO₂-Toleranztest in unter 20 Sekunden abgeschlossen hast, beginne das Training mit 3-Sekunden-Einheiten und erhöhe die Dauer nach einer gewissen Übungszeit.
- Bei 20–45 Sekunden wähle 5–6-Sekunden-Einheiten.
- Bei über 45 Sekunden trainiere mit 8–10-Sekunden-Einheiten.
Positive Effekte des Box-Breathings:
- Verbesserung der neuromechanischen Atemkontrolle
- Transformation des Grundatemmusters: tiefer, seltener und gleichzeitig effizienter
- Stressreduzierend
- Verbesserung der Schlafqualität
Die effektivste stressreduzierende Atemübung: zyklisches Seufzen
In einer Studie an der Stanford University wurden Box-Breathing, Hyperventilationsübungen und das sogenannte zyklische physiologische Seufzen hinsichtlich ihrer kurz- und langfristigen Wirksamkeit als stressreduzierende Atemtechnik verglichen.
Technik des zyklischen Seufzens: Doppelte Einatmung durch die Nase (eine lange tiefe Einatmung und eine plötzliche „Aufladung“), gefolgt von einer langen, verlangsamten Ausatmung durch den Mund.
Alle drei Übungen wurden über einen Monat lang jeweils 5 Minuten pro Tag durchgeführt. Verschiedene physiologische Parameter sowie subjektive Zustandsfragebögen wurden kurz- und langfristig gemessen.
Der Gewinner war das physiologische Seufzen, das auch sofort die effektivste Methode war (bereits ein einziger Seufzer senkte den Stresslevel und verschob das Nervensystem in Richtung parasympathischer Aktivität). Auch über 24 Stunden und langfristig zeigte es die besten Effekte.
Das Phänomen des physiologischen Seufzens wurde erstmals 1930 bei Untersuchungen von Menschen mit unzureichender Atmung beobachtet. Es fiel auf, dass „Unteratmer“ dieses Atemmuster spontan und unbewusst erzeugen – der Körper versucht so, das gestörte Sauerstoff-CO₂-Gleichgewicht wiederherzustellen.
Alle Übungen zur bewussten Atemkontrolle nutzen die nachgewiesenen positiven Effekte der Atmung auf das Nervensystem. Auch die Pranayama-Praktiken im Yoga basieren darauf. Sie beinhalten sowohl Techniken der Hyperventilation als auch der gebremsten Atmung und des Luftanhaltens und können je nach Ziel gezielt angewendet werden.
Die gesundheitlichen Effekte von Atemübungen
Trotz wissenschaftlicher Evidenz (und ihrer breiten Zugänglichkeit) sind Atemübungen in der therapeutischen Anwendung und in der Gesundheitsprävention nach wie vor stark unterrepräsentiert. Wir hoffen, dass sich dies bald ändern wird.
Quellen, Referenzen:
https://birizgalo.hu/hogyan-lelegezz-helyesen
Respiration aligns perception with neural excitability – Daniel S Kluger Is a corresponding author, Elio Balestrieri, Niko A Busch, Joachim Gross, 2021)Effect of breathwork on stress and mental health: A meta-analysis of randomised-controlled trials- Guy William Fincham, Clara Strauss, Jesus Montero-Marin & Kate Cavanagh, 2023 https://www.nature.com/articles/s41598-022-27247-yNasal Respiration Entrains Human Limbic Oscillations and Modulates Cognitive Function- Christina Zelano, Heidi Jiang, Guangyu Zhou, Nikita Arora, Stephan Schuele, Joshua Rosenow and Jay A. Gottfried, 2016 https://www.jneurosci.org/content/36/49/12448